Unvergessen
Manchmal wird es im schönsten Sommer eiskalter Winter….
Wir haben einige Zeit gebraucht, um diese Zeilen veröffentlichen zu können. Am 10.8.15 haben wir Pamuk verloren, unseren ersten Berner Sennenhund. Sie wurde mitten aus unserem gemeinsamen Leben gerissen. Sie hatte eine Magendrehung, die wir sogar sofort vermutet hatten und die uns innerhalb einer halben Stunde zum Tierarzt führte. Doch danach lief es schief und trotz zweitägigem Kampf von uns allen haben wir verloren. Wir hätten nie gedacht, dass ein einzelner Hund unser Leben so stark prägen würde und haben nach ihrem Tod so richtig gemerkt, wen wir verloren haben. Wir vermissen sie immer noch unendlich.
Pamuk war eine absolute Hundepersönlichkeit, mit unverwechselbarem Charakter und Eigenschaften. Sie führte zusammen mit Ebbie - die eigentliche Chefin ist uns nie klar geworden und gab es wahrscheinlich auch nicht - souverän und selbstverständlich unser Rudel, in dem es in diesen fünf Jahren vielleicht fünfmal ein Knurren und nicht wesentlich häufiger ein Brummen gab. Sie war ausgesprochen freundlich ihren Rudelmitgliedern gegenüber. Sie liebte Welpen, vor allem wenn sie etwas älter waren, und legte dabei trotz ihres Temperaments eine ungeheure Geduld an den Tag. Die glücklichste Zeit in ihrem Leben war das Aufziehen ihres Wurfes, den sie zwei Wochen nach Umzug in unser neues Haus bekam – für sie kein Problem, sie schwebte ab dem Werfen auf einer rosa Wolke. Sie war glücklich ausgelastet zu sein. Dabei zeigte sie uns, dass sie auch sehr vorsichtig mit anderen Lebewesen umgehen konnte. Wir haben oft bedauert, dass wir sie, bedingt durch unsere Lebensumstände, erst relativ spät haben decken lassen können und auch hinterher kein weiterer Wurf mehr möglich wurde.
Auch Menschen gegenüber war sie sehr freundlich. Wachsam wie sie war (sie schlug meist als erste an), hätte sie jeden Einbrecher mitbekommen, den aber dann mit freundlichem Schwanzwedeln begrüßt. Sie genoss es, wie viele Berner, zwischen unseren Beinen zu laufen. Sie schleppte gerne etwas im Mund herum, bevorzugt Stiefel oder Schuhe – das hat sie auch an viele ihrer Kinder weiter gegeben. Sie liebte den Wohnbereich weit mehr als unsere anderen Hunde, draußen war sie weniger gerne, schon gar nicht bei Regen. Ganz besonders liebte sie es, auf dem Sofa gekrault zu werden. Ihr Gesichtsausdruck dabei war die personifizierte Zufriedenheit.
Sie hat uns, gerade im ersten Jahr, immer wieder an unsere Grenzen gebracht. Wir sind ihr dafür dankbar, denn wir haben durch sie sehr viel über Hunde gelernt. Sie hatte ein ungeheures Temperament, regte sich ständig auf, war immer zu laut und kommentierte alles mit lautem Gebell: wenn sie auf dem Hundeplatz ankam, wenn sie essen oder Gassi gehen wollte, wenn sie etwas drückte oder wenn ihr etwas nicht gefiel, z. B. wenn ein anderer Hund gestreichelt wurde. Auch lag sie gerne demonstrativ und lang ausgestreckt mitten im Weg oder auf dem Sofa, so dass dort kaum jemand mehr hinpasste. Lauter Verhaltensweisen, die nerven konnten. Wir vermissen auch diese Eigenschaften und wünschten uns, weiter damit genervt zu werden. Unser Haus ist ohne sie sehr ruhig geworden, was am Anfang unerträglich war.
Die Körung war keinerlei Problem für sie, ihr machte es immer Spaß, wenn sich Menschen auf sie konzentrierten – je mehr desto besser. Im Wesen war sie absolut sicher, das brachte ihr als Kommentar „5+“ ein.
Sie war ja mit uns an Leute geraten, die gerne ausstellen wollten. Ausstellungen gefielen ihr nicht sonderlich und waren wohl zu langweilig. Irgendwann hatte sie heraus, wie man Herrchen im Ring ärgert: genau in dem Moment, in dem der Richter kommt, vor Herrchen hinsetzen, wenn alles andere steht oder: beim Laufen Herrchen in die Fersen beißen (das machte natürlich nur im Ring Spaß, nicht woanders). Sie bewies dabei durchaus einen Sinn für Humor, aber eine Zeitlang wurden Ausstellungen mit ihr zu einem wahren Spießrutenlaufen….. Obwohl Ausstellungen nicht ihre Welt waren, hatte sie, schöne und kräftige Hündin, die sie war, viele Erfolge. Sie wurde deutscher (VDH), kroatischer und internationaler Champion. Für weitere Titel fehlten nur wenige Anwartschaften, obwohl wir sie in den letzten beiden Jahren nur wenig ausgestellt haben.
Sie liebte aber den Hundeplatz, war äußerst gehorsam (es sei denn, sie hatte auch hier Lust Herrchen zu ärgern), verstand alle Übungen ziemlich schnell und merkte sie sich auch immer deutlich besser als Herrchen. Auch nach einem halben Jahr Pause konnte sie die Übungen problemlos abrufen, ebenfalls im Gegensatz zu Herrchen. Sie hat nur die Gehorsamkeitsübungen GH1 und GH2 absolviert, hätte gerne aber auch mehr gearbeitet – die BH konnte sie seit Jahren, wir haben uns aber nicht zu einer Prüfung aufraffen können. Mit dem Schutzhundedienst hatten wir auch einmal angefangen, was sie total begeisterte. Sie war in ihrem Element und hätte mit einem in dieser Hinsicht fitteren Herrchen sicher auch manches erreichen können.
Sie hat uns Geschenke und ein Vermächtnis hinterlassen: ihre Welpen, von denen zwei in unserem Besitz sind. Asta lebt bei uns, Adam bei unseren Freunden Svenja und Dennis. Ihre eigenen getesteten guten Gesundheitswerte hat sie, soweit wir das bisher prüfen konnten, an ihre Nachkommen weitergegeben. Wir blicken daher hoffnungsvoll in die Zukunft, um dieses Vermächtnis unseres ersten Berner Sennenhundes mit Leben zu füllen. Wir sind dankbar für die viel zu kurze Zeit, die wir mit ihr verbringen durften und für das, was sie uns gelehrt hat. Es war und ist schwer die Lücke zu verkleinern, die diese großartige, von uns so sehr geliebte Hündin hinterlassen hat.